Was ist die wahre Geburtszeit?

Die Zeit setzt sich zusammen aus einzelnen Momenten, die in Sekunden ineinander übergehen. Sie sind als einzelne Tröpfchen im Zeitfluss für uns normalerweise kaum wahrnehmbar – wie der einzelne Pulsschlag oder Atemzug. Wenn sich das menschliche Bewusstsein bei einer Geburt in diesen Zeitfluss „einklinkt“ oder dadurch, dass man zu einem definierbaren Zeitpunkt etwas Neues in Gang setzt, dann bekommt ein bestimmter Moment eine individuelle Bedeutung: er ist dann eben nicht mehr irgendein Augenblick.

Galaxis NGC 7742

Der Geburtsmoment hat für jedes Lebewesen natürlich die Bedeutung schlechthin, er ist für das gerade dann geborene Wesen nicht nur ein Ausschnitt aus dem Zeitkontinuum wie für ein anderes bereits existierendes Lebewesen, sondern der Anfang seines Erdendaseins. Ein Kosmo­gramm, das sich auf diesen Zeitpunkt bezieht, ist ein Geburtshoroskop und gilt für die ganze Lebens­spanne als astrologische Deutungsgrundlage. Mit dem Tod erlischt die subjektive Bedeutung der Geburtskonstel­lation wieder. Das Horoskop ist dann noch für die Nachwelt von Interesse, für astrologische Nachforschungen oder um das Leben und Wirken eines Individuums zu verstehen.

Mütter sind während der Geburt üblicherweise mit anderem beschäftigt als sich in jeder Phase der Uhrzeit zu verge­wissern. Meist erinnern sie sich entweder des letzten Blicks auf die Uhr vor dem Ereignis oder des ersten danach. Aber welcher war es denn nun? Je nach dem welche Aufregungen dazwischen liegen, kann einige Zeit vergangen sein. In dieser außergewöhnlichen Situation, an der Schnittstelle von Leben, Tod und Wiedergeburt ist auch das normale Zeitgefühl außer Kraft gesetzt, so dass es oft zu erheblichen Fehleinschät­zungen aufgrund der subjektiven Wahrnehmung kommt. Deshalb ist die von der Hebamme bzw. vom Klinikpersonal weitergeleitete amtlich festgehaltene Uhrzeit häufig rich­tiger als die Angabe der Mutter.

Aufgang der Erde vom Mond aus gesehen

Es ist bisher weder wissenschaftlich noch philosophisch gesichert, welcher Zeitpunkt im Geburtsablauf der entscheidende ist, wann sich menschliches Bewusstsein in den irdischen Zeitlauf „einklinkt“. Sogar das, was während der Geburt physisch vor sich geht, ist rein medizinisch gesehen nicht in allen Aspekten wirklich geklärt. Und außerdem: Was wurde beobachtet und worauf bezieht sich die Zeitangabe? Auf den Beginn der letzten Wehen, das Heraustreten des Kopfes, die vollständige Geburt, den ersten Atemzug, das Durch­trennen der Nabelschnur? In welcher Phase des Geschehens, bei welchem Hand­griff schaute man zur Uhr? Oder hat man sie wegen einer kleinen Aufregung oder Verzögerung erst im Nachhinein notiert, auf- oder abgerundet? Wie ist das Personal in einem bestimmten Land, einer bestimmten Klinik oder die private Hebamme geschult? Wie viel Wert legte man auf Genauigkeit?

In der letzten Phase der Geburt gibt es einen entscheidenden Moment, der auch Ausgangspunkt astro­logi­scher Arbeit ist und gefunden werden muss, wenn man verantwortlich und professionell Astrologie betreibt. Denn alle Berechnungen bauen darauf und präzise, zufriedenstellende Deutungen hängen wesentlich davon ab. Bei der Suche nach dieser Uhrzeit werden die Fakten (biografische Daten aus der Vergangenheit) mit der Theorie (astrologischen Mathematik) verglichen, um dadurch auf die individuelle, tatsächlich „funktionierende“ Minute zu schließen. Das Verfahren, mit dem die individuelle Startminute der inneren Uhr gesucht wird, heißt Geburtszeit-Korrektur und ist oft mit erheblichem Zeitaufwand verbunden. Sie geht von einer gesicherten Uhrzeit, der bekannten und notierten „Geburtszeit“ aus, die zwar entscheidend ist, aber kritisch betrachtet werden muss. Man sollte also zwischen der dokumentierten „Geburtszeit“, deren Genauigkeit trotz allem unver­zichtbar ist, und der „Horoskop-Anfangszeit“ differenzie­ren.