Astrologie und Psychologie – Wie geht das zusammen?

Der Satz über die Psychologie, sie diene „zur Beschreibung, Erklärung und Vorhersage des Erlebens und Verhaltens des Menschen, deren Entwicklung in der Lebensspanne sowie deren inneren und äußeren Ursachen und Bedingungen“ trifft wörtlich auch auf die „Psychologische Astrologie“ zu. Moderne Psychologie ist noch keine 150 Jahre jung, während Astrologie Jahrtausende alt ist. Astrologie hat gewisse Gesellschaftskreise über hunderte von Jahren als Ratgeberin begleitet, während heute unser Alltag von Psychologie vollkommen durchdrungen ist. Die Astrologie beschäftigt sich mit den individuellen Auswirkungen überpersönlicher Phänomene im menschlichen Alltag, die Psychologie befasst sich mit einzelnen Individuen und dem kollektiven Unbewussten. Die so verschieden anmutenden Beschäftigungen haben mehr gemeinsam als es auf ersten Blick erscheint.

Astrologie ist ebenso eine empirische Wissenschaft wie Psychologie, d.h. sie gibt Beschreibungen von Verläufen und sucht nach Gemeinsamkeiten einzelner Beobachtungen. Beide Disziplinen bilden Theorien, um das nicht immer so rationale Verhalten des Menschen zu erklären, zwischenmenschliches Interagieren transparent zu machen und übergeordnete Zusammenhänge im Leben zu erkennen.

Astrologie und Psychologie sind sowohl Gebiete der Forschung als auch angewandte Lebenshilfe. Beides sind von konkreten Beobachtungen ausgehende Methoden zur besseren Menschenkenntnis, auf beiden Wegen wird der fragende Mensch sich selbst gespiegelt, werden Horizonte aufgezeigt, die er alleine nicht überblickt, werden Auswege aus Sackgassen aufgezeigt und Lösungen von Problemen skizziert.

Jedes Mal geht es darum, über Selbsterkenntnis sich seiner selbst bewusst zu werden, was zu gefestigtem Selbstbewusstsein im ursprünglichen Sinne des Wortes führen soll und damit auch zu mehr Selbstverantwortung. D.h. Psychologische Astrologie kann ebenso wie Psychologie eingesetzt werden, um jemanden zu sich und in die Mündigkeit zu führen.

Mehrere Richtungen in der Psychologie arbeiten ebenso mit assoziativem, auf Symbole bezogenem Analogiedenken wie die Astrologie. Es ist also nicht verwunderlich, dass sich Psychologie seit ein paar Jahrzehnten in einigen Schulen der Astrologie zur „Psychologischen Astrologie“ verbunden und verschmolzen hat. Astrologie ist eine Art archaische Psychologie, eine Psychologie der Antike.

Ebenso wie Astrologie ist Psychologie fächerübergreifend und so gut wie in jedem Lebensbereich anwendbar. So wie es verschiedene Psychologien gibt (Wahrnehmungs-, Entwicklungs-, Arbeits-, Verhaltens-, Kinder-, Traum-, Tiefen-, Verkaufs-, biologische, soziale, experimentelle, klinische, transpersonale etc.), so gibt es je nach Weltbild und Interesse dessen, der sie betreibt, auch verschiedene Astrologien (Börsen-, Wetter-, mundane, holistische, psychologische, esoterische, kammische, genetische, medizinische etc.).

Maria Montessori (31. August 1870)

Bleibt es nicht bloß bei Erkenntnis und Theorien, entsteht der Wunsch, Astrologie wie Psychologie zum Nutzen des Menschen einzusetzen – als Diagnoseinstrument und zur Therapie. Dies führte zu zahlreichen Formen der Psychotherapie. Psycho-Astrologie kann sich auf Vermittlung einzelner Denkanstöße beschränken oder sich zu einer kontinuierlichen Begleitung eines Menschen entwickeln, sogar zu einer Art gesprächsorientierter Bewusstseinstherapie.

Bekannt ist die Psychoanalyse nach Sigmund Freud und C. G. Jung; kaum bekannt ist die Psychosynthese des Italieners Roberto Assagioli. „Analyse“ meint, systematisch und minutiös in einzelne Bestandteile zu zerlegen, sie zu ordnen und dadurch zu begreifen. Der Gegenbegriff „Synthese“ steht für ganzheitliche, zusammenführende Betrachtungsweise, die von Anfang an auf die wesentlichen Zusammenhänge ausgerichtet ist. Psychologische Astrologie ist von ihrer Konzeption her eine ganzheitliche Schau – z.B. nach der Schule des Schweizer Astrologen Bruno Huber, der von Roberto Assagioli beeinflusst wurde.

Wim Wenders (14. August 1945)

Dies hat auch einen ganz einfachen Grund: die kreisförmige Grafik eines Geburtshoroskops zeigt alle wesentlichen Elemente, nämlich die Himmelskörper (Sonne, Mond und Planeten, psychologisch = Archetypen) als die wesentlichen Lebensthemen und ihre Beziehungen untereinander zwar symbolisch, aber alle auf einen Blick. Natürlich tut auch ein Astrologe gut daran, die einzelnen Bestandteile eines Horoskops zu analysieren. Selbst wenn er dabei Gefahr läuft, sich in Nebenaspekten zu verlieren, holt ihn das überschaubare Diagramm jedoch immer wieder zur Synthese zurück: man kann die großen Zusammenhänge in der Grafik, auf einem Blatt dargestellt, gar nicht übersehen.

Gewisse ganzheitlich orientierte, Spirituelles einbeziehende Richtungen der Psychologie (Psychotherapie) und Astrologie ergänzen sich deshalb bestens. Beide Wege können zu sich selber führen, über ein reflektierendes, vorübergehendes Abstandnehmen vom unmittelbaren Geschehen, von einspinnenden Gedankenmustern und vereinnahmenden Gefühlen. Psychologie und Psychotherapie benutzen dabei z.B. Testverfahren, Träume oder Rollenspiele. Astrologie bedient sich eines kosmischen Spiegels und liest Planetenkonstellationen als Zeichen der Zeit. Sie nimmt bei der Betrachtung irdischer Abläufe eine im wahrsten Sinne des Wortes höhere Warte ein und gewinnt dadurch einen weiten Horizont.

Alois Alzheimer (14. Juni 1864)

Man sieht sich ein bisschen wie in der 3. Person, mit Bewusstsein förderndem Abstand, also auch etwas objektiver. Ob vom Psychologen oder vom Astrologen, man bekommt sich selber gespiegelt, erhebt sich über das Gestrüpp des Alltags und sieht seine Muster und Wege wie auf einer Landkarte vor sich. Das Schwierige ist allerdings dann die Umsetzung, den Weg selber zu gehen, wobei der Therapeut oder Astrologe bestenfalls begleiten kann.

Der Astrologe nimmt seinen Kunden gleich einem Astronauten mit auf eine Reise zu sich selber, über den scheinbaren Umweg zu den Planeten. Dieses Sicherheben über die Niederungen alltäglicher Argumentationen ist gleichzeitig ein Eintauchen in eine andere Dimension. Im Sinne einer Psychosynthese erfährt sich der Mensch dabei als vollständigeres Wesen, nicht mehr abgespalten vom größeren Geschehen, von der Natur und ihren Gesetzen. Das alleine ist schon ein wichtiger Effekt einer astrologischen Beratung.